Frauen sollten öfter mal den Mund halten


Eva Herman
Deutschlands umstrittenste Frau im großen BamS-Interview
Von BEATE KRÄMER, ALEXANDRA KEMNA und CARSTEN LEPTHIEN


Eva Herman (47) hat das umstrittenste Buch des Jahres geschrieben. Sie fordert, dass sich Mütter lieber um ihre Kinder kümmern sollten, statt Karriere zu machen. Im BamS-Interview erklärt sie, warum Männer für die Hausarbeit ungeeignet sind und Frauen sich öfter mal zurückhalten sollten. Buch oder „Tagesschau“ – für Eva Herman die schwerste Entscheidung ihrer 23-jährigen TV-Karriere! 1983 begann sie als Nachrichtensprecherin beim Bayerischen Rundfunk, wechselte 1988 zur „Tagesschau“. Sie moderierte ARD-Shows („Lieder, Liebe und Musik“), ist seit 1997 auch als Talkmasterin („Herman & Tietjen“) erfolgreich. Ihre Talkshow wird die Mutter eines 8-jährigen Sohnes auch nach dem „Tagesschau“-Ende fortsetzen.

BILD am SONNTAG: Frau Herman, was haben Sie gegen Mütter in Nadelstreifen?

EVA HERMAN: Die Vor- und Nachteile, Karriere zu machen, kenne ich selber bestens. Doch der Feminismus hat uns eingeredet, dass eine Frau alles erreichen kann, was sie will: Kinder und Karriere. Das ist ein Trugschluss.

Viele Mütter sind erschöpft und frustriert, die Kinder werden häufig wegorganisiert in Krippen oder zu Tagesmüttern und leiden vielfach darunter. Manchen Frauen bleibt unbewusst, dass sie sich zunehmend von ihrer Weiblichkeit und einer ihrer größten Aufgaben entfernt haben: Kinder, Familie und ein harmonisches Heim zu haben.

Woran liegt diese Verweigerung Ihrer Meinung nach?

Weil der Spagat zwischen Familie und Beruf oft nicht zu schaffen ist. Ich bin davon überzeugt, dass sich Frauen wie Männer auf ihre zugedachten Rollen besinnen müssen.

Viele Frauen arbeiten ja nicht, um sich selbst zu verwirklichen, sondern um den Lebensunterhalt der Familie mitzusichern.

Vor diesen Frauen habe ich großen Respekt. Das hehre Ziel von innerer Freiheit durch Emanzipation ist längst wirtschaftlichem, finanziellem Druck gewichen. Und das bedeutet Unfreiheit.



Was würde die Frauen denn befreien?

Wir müssen darüber nachdenken, wohin wir uns haben lenken lassen und ob dies wirklich der Inhalt eines erfüllten und glücklichen Lebens ist. Notfalls ist mit einem Umdenken auch Verzicht verbunden. Verzicht auf materielle Erleichterungen, die jedoch durch persönliches Glück mehr als aufgewogen werden können.

Sie selbst haben nicht nach dem Rollenmuster gelebt, das Sie in Ihrem Buch fordern. Sie sind Mutter und haben fleißig an der Karriere gearbeitet.

Ich weiß, dass mir das jetzt alle vorhalten. Aber wer hätte das Buch schreiben können, wenn nicht eine Karrierefrau, die ihre Erfahrungen selbst gesammelt hat.

Haben Sie den Leuten nicht über Jahre etwas vorgemacht, indem Sie so getan haben, als würden Sie alles bestens vereinbaren können?

Nein! Ich habe nie gesagt: Ich kriege Kind und Karriere blendend unter einen Hut.   Sondern ich habe gesagt: Ich bin in einer außergewöhnlichen Rolle, deshalb klappt es ganz gut. Wir hatten lange ein zuverlässiges Kindermädchen, auf das ich mich hundertprozentig verlassen konnte.

Und sind nicht zu Hause geblieben, wie Sie es jetzt von den Frauen fordern. Haben Sie rückblickend falsch gelebt?

Da ich heute manches anders machen würde, muss ich die Frage an einigen Punkten wohl mit Ja beantworten. Trotzdem: Ich bin dankbar für jede Erfahrung – auch für die schlechten.

In Ihrem Buch halten Sie ein flammendes Plädoyer, dass man Kinder unter drei Jahren nicht in die Krippe oder zur Tagesmutter geben soll. Warum denn nicht?

Wir wissen aus der Forschung, dass die ersten drei Jahre die prägenden sind. Nur wenn Kinder Liebe und Zuwendung bekommen, werden sie später aufgeschlossen und selbstbewusst.

Und diese Zuwendung gibt es in Kindergärten nicht?

Man kann nicht alle Einrichtungen über einen Kamm scheren. Aber aufgrund eines fehlenden gesetzlich geregelten Betreuungsschlüssels werden häufig zu viele Kinder von zu wenigen Erzieherinnen betreut, das kann fatale Folgen haben.

Aber viele junge Mütter freuen sich, wenn sie nach einem Jahr Babypause wieder in den Beruf zurückkönnen. Müssen die jetzt alle ein schlechtes Gewissen haben?

Es sind leider Tatsachen, über die ich schreibe. Wenn eine Mutter ein Kind unter drei Jahren in der Kita abgibt und weggeht, auch wenn das Kind schreit, bedeutet das für das Kinderhirn enormen Stress. Das prägt negativ. Darüber gibt es ausreichend wissenschaftliche Erkenntnisse.

Wann ist denn der ideale Zeitpunkt für eine Frau, um Mutter zu werden?

Zwischen 20 und 30 Jahren – also viel früher, als es heute meist passiert. Zeit für die Karriere ist immer noch, wenn die Kinder aus dem Haus sind. Ich wäre bestimmt früher Mutter geworden und hätte mich erst danach um den Job gekümmert, wenn ich mich früher mit der Lebensplanung bewusst beschäftigt hätte.

Warum müssen Frauen alles mitbestimmen?
Frauen erst mit 40 ins Berufsleben? Wie soll das in diesen Zeiten funktionieren?


Es muss umgedacht werden, an allen Stellen, in der Politik, Wirtschaft, Industrie und jeder für sich. Es kann nicht sein, dass Menschen heute mit 50 Jahren zum alten Eisen gehören und ausgemustert werden. In absehbarer Zeit sind die Alten in unserem Land in der Überzahl, die Gesellschaft ist dann auf sie angewiesen, weil die Jungen fehlen. Das wissen wir heute zwar bereits, doch verdrängen wir es lieber.

Sie werfen den Frauen vor, viel zu männlich geworden zu sein. Sagen Sie mal ein Beispiel.

Das drückt sich nicht nur im Job, sondern in ganz alltäglichen Verhaltensweisen aus. Wir reden unseren Männern doch schon rein, wenn sie uns mal überraschen wollen. Bestes Beispiel: Der Mann lädt die Frau in ein Restaurant ein. Die sagt: Ist ja ganz schön, aber warum gehen wir nicht in ein anderes Restaurant? Klar, dass der Mann da enttäuscht ist. Ich finde, wir Frauen sollten öfter einfach mal den Mund halten. Warum müssen wir immer alles mitbestimmen?

Sagen Sie es uns!

Das haben wir unter anderem dem Feminismus zu verdanken. Alice Schwarzer hat uns eingetrichtert: Ihr könnt alles, ihr dürft alles, ihr könnt genau das Gleiche wie die Männer, es gibt gar keine unterschiedlichen Geschlechter. Ihr seid alle gleich – und das haben wir einer Frau geglaubt, die selber nie verheiratet war und keine Kinder hat. Die nicht weiß, wie es sich anfühlt, alles unter einen Hut kriegen zu wollen und zu müssen. Ihre Thesen sind gescheitert!

Zurück zu den Männern. Warum sind sie Ihrer Meinung nach ungeeignet für Hausarbeit?

Männer leiden darunter, wenn sie zu immer mehr Aufgaben gedrängt werden, zu denen sie keine Lust und auch keine besondere Veranlagung haben. Männer haben nur in seltenen Fällen freiwillig Hausarbeiten übernommen oder Kinder aufgezogen. Aufgrund ihrer Veranlagung sind sie dafür auch nicht unbedingt vorgesehen.

Und wenn Frauen die Männer trotzdem in die Pflicht nehmen?

Dann verunsichert man die Männer, sie fühlen sich nicht ernst genommen – das kann zu psychischen Problemen führen. Es gibt in Deutschland übrigens nur fünf bis sieben Prozent Hausmänner. Und in 98 Prozent dieser Fälle gehen die Ehen kaputt.

Der einzig wahre Platz einer Frau ist also der zu Hause?

Ja, denn eine Frau ist viel eher in der Lage, das Haus heimelig zu machen, schöne Kerzen zu platzieren, Blumen aufzustellen und Apfelkuchen zu backen.

Leben Sie so?

Ja. Ich putze und bügle zwar nicht alles allein, aber mein Mann macht es auch nicht, und ich würde es auch nicht von ihm verlangen. Wir Frauen müssen endlich kapieren, dass Männer höchst eigenständige Wesen sind und wir sie uns nicht anders backen können. Umgekehrt müssen Männer aber auch lernen, dass wir anders sind als sie sich das manchmal vorstellen. Die Geschlechter müssen mehr Respekt voreinander entwickeln. Dann gibt es zu Hause auch weniger Streitereien.

Feministinnen haben Sie für Ihre Thesen sicher schrecklich lieb . . .

Ja, als Beweis Ihrer Freude forderten sie meine Entlassung aus der „Tagesschau“.

Was war da los?

Dies war eine Aktion, die von einem Newsletter der Zeitschrift „Emma“ ausging. Dieser Newsletter wurde an verschiedene Stellen verschickt. Darin standen der Name, die Telefonnummer, Fax- und E-Mail-Adresse meines Chefredakteurs – und die Aufforderung, sich über mich zu beschweren und meine Abberufung zu fordern. Das hat mich verwundert, denn Alice Schwarzer ist ja mal angetreten für die freie Meinungsäußerung der Frau. Und ausgerechnet sie wollte mir den Mund verbieten.

Wie sähe Ihr Leben aus, wenn Sie es mit den Erkenntnissen von heute noch einmal beginnen könnten?

So wie ich es auch in meinem Buch schreibe: Ich würde mir einen Mann suchen, ihn arbeiten lassen und mich um unsere fünf Kinder kümmern.

Sie werden heftig kritisiert – wie gehen Sie damit um?

Zunächst einmal bin ich verwundert, wie viele selbst ernannte Kritiker ein Buch aburteilen, das noch gar nicht erschienen ist. In meinem „Cicero“-Artikel hatte ich viele Alltagsbeobachtungen zum Anlass genommen, an den Segnungen des Feminismus zu zweifeln.

Ich sah immer mehr überforderte, ausgebrannte und schlicht unglückliche Frauen. Entweder reiben sie sich zwischen Haushalt, Mann, Kindern und Beruf auf oder aber sie binden sich erst gar nicht und leben oft einsam und völlig auf ihren Beruf fixiert.

Doch es gibt auch überwältigend viele E-Mails und Briefe, in denen mir der Rücken gestärkt wird. Es ist die sogenannte „schweigende Mehrheit“, die sonst meist nicht zu Wort kommt. Sicherlich tun die persönlichen Angriffe erst einmal weh, aber ich weiß, dass ich das Richtige tue. Und spätestens, wenn das Buch erscheint, wird es auch öffentlich eine sachliche Auseinandersetzung geben.

Aber was ist die Alternative – zurück zu Kirche, Küche, Kinderzimmer?

Wir müssen endlich aufhören, Mütter zu diffamieren, die sich konsequent für die Kindererziehung und eine harmonische Familie entscheiden. Der Feminismus hat uns eingeredet, dass Frauen nur dann etwas wert sind, wenn sie arbeiten und Geld verdienen. Das finde ich fatal. Dass sie aber auch dann wertvolle Arbeit tun, wenn sie liebevollen und ausgeglichenen Nachwuchs heranziehen statt aggressive, bindungslose und seelisch verwahrloste Kinder, wird gern übersehen. Hausfrauen und Mütter dienen unserer Gesellschaft weitaus mehr als Karrierefrauen, die nur auf sich ausgerichtet sind.

Sie selbst sind eine Karrierefrau. Wie beurteilen Sie das rückblickend?

Jedem Menschen sollte zugestanden werden, dass er sein Leben reflektiert. Das habe ich getan, ehrlich und aufrichtig. In meinem Buch versuche ich zu zeigen, wie schnell man sich im Namen der Emanzipation von seinen eigentlichen Bedürfnissen und Sehnsüchten entfernen kann. Ich staune über jene selbstgerechten Damen, die mit zusammengebissenen Zähnen behaupten, ihr Lebensweg sei der einzig richtige – und das, obwohl die Bilanz oft traurig ist, weil sie weder glücklich sind noch Liebe, Bindung, Vertrauen erfahren.

Die Emanzipation hat für viele Frauen einen hohen Preis. Und ich selber habe erfahren, dass man mit der Entscheidung für die Karriere abhängig wird von der Wahrnehmung anderer. Heute ruhe ich viel mehr in mir, weil mein Lebensmittelpunkt die Familie ist – deshalb kann ich auch gut mit den Angriffen umgehen.