Vernunft und Glaube 10

Das finstere Mittelalter.
Eine contradictio in adjectis.

Machen wir weiter in "vernünftig glauben". Dazu begeben wir uns heute ins "dunkle" Mittelalter. Schon die Kirchenväter haben darüber nachgedacht, wie Verstand und Glaube harmonieren. Im Mittelalter verfolgt man dieses Thema ganz besonders.

Ein spezieller Mensch war in dieser Richtung  Anselm von Canterbury. Seit seinem Nachdenken ist die Rolle der philosophisch geschulten Vernunft noch gewichtiger geworden. Für den heiligen Erzbischof von Canterbury steht der Vorrang des Glaubens nicht im Wettbewerb mit der Suche, wie sie der Vernunft eigen ist. Diese ist nämlich nicht dazu berufen, ein Urteil über die Glaubensinhalte zu formulieren; sie wäre, weil dafür ungeeignet, dazu auch gar nicht fähig. Ihre Aufgabe besteht vielmehr darin, einen Sinn zu finden, Gründe zu entdecken, die es allen erlauben, zu einem gewissen Verständnis der Glaubensinhalte zu gelangen.

Das ist mein Argument von Anfang an. Eben darum müssen wir uns zuerst über die Grund-Axiome einig werden. Um einen Ausflug ins Eberbachtal zu debattieren müssen wir uns zuerst einig sein, ob wir die Fähigkeit haben einen Fuss vor den anderen zu setzen, sprich zu gehen.

Der hl. Anselm unterstreicht die Tatsache, daß sich der Verstand auf die Suche nach dem begeben muß, was er liebt: je mehr er liebt, um so mehr sehnt er sich nach Erkenntnis. Wer für die Wahrheit lebt, strebt nach einer Erkenntnisform, die immer mehr von Liebe zu dem entbrennt, was er erkennt, auch wenn er einräumen muß, noch nicht alles getan zu haben, was in seinem Verlangen gelegen wäre: »Ad te videndum factus sum; et nondum feci propter quod factus sum – um dich zu sehen bin ich gemacht und bis jetzt habe ich noch nicht gemacht wofür ich gemacht worden bin«.Das Streben nach Wahrheit drängt also die Vernunft, immer weiterzugehen; ja, sie wird gleichsam überwältigt von der Feststellung, daß ihre Fähigkeit immer größer ist als das, was sie tatsächlich erreicht.

Der Nihilist liebt das Nichts. Was liebt der Skeptiker? Die Souveränität sich nicht der Wirklichkeit beugen zu müssen?

 Die Fähigkeit der Vernunft ist immer grösser als das was sie erlangt! An diesem Punkt  vermag die Vernunft zu entdecken, wo die Vollendung ihres Weges liegt.

Es lohnt sich den nächsten Satz nicht zu überfliegen. Er ist so eine Art Zusammenfassung einer Kosmovision von Vernunft und Glaube

 »Denn ich meine, daß einer, der etwas Unbegreifliches erforscht, sich zufriedengeben sollte, mit Hilfe der vernünftigen Auseinandersetzung mit sehr hoher Gewißheit die Wirklichkeit zu erkennen, auch wenn er nicht imstande ist, mit dem Verstand bis zu ihrer Seinsweise durchzudringen [...]. Denn gibt es etwas so Unbegreifliches und Unaussprechbares wie das, was oberhalb von allem ist? Wenn also das, was man bislang über das höchste Wesen diskutiert hat, auf Grund notwendiger Argumente festgelegt worden ist, obwohl man mit dem Verstand nicht derart bis zu ihm durchzudringen vermag, daß man es auch mit Worten erklären könnte, gerät deshalb das Fundament seiner Gewißheit nicht im geringsten ins Wanken. Denn wenn eine vorgängige Überlegung vernunftgemäß begriffen hat, daß die Art, wie die oberste Weisheit weiß, was sie geschaffen hat [...] unbegreiflich ist, wer wird dann erklären können, wie sie selbst sich erkennt und sich nennt — sie, über die der Mensch nichts oder fast nichts wissen kann?«.

Aha! Das ist die Dialektik der Vernunft. Der Mensch versteht vieles mit Sicherheit, auch die EXistenz des absoluten Seins.. Aber er kann nicht alles verstehen.

Der Kosmovisions - Satz ist lang und kompliziert, aber er drückt etwas sehr Wichtiges aus. Ich kann wohl das Sein erkennen, auch die Notwendigkeit des absoluten Seins, aber wie oder was dieses absolute Sein ist, das geht über meine Fähigkeit hinaus.

Daher muss das absolute Sein von sich selbt reden, sprich sich offenbaren, damit ich es besser verstehe. Ein Nihilist oder Skeptiker des Seins wird natürlich diese Etappe nie erreichen. Er hat schon vor dem Erkennen des einfachen Seins und seiner Wirklichkeit das Handtuch geworfen!

Grundlegender als viele anerkennt Thomas, daß die Natur, die Gegenstand der Philosophie ist, zum Verstehen der göttlichen Offenbarung beitragen kann. Der Glaube fürchtet demnach die Vernunft nicht, sondern sucht sie und vertraut auf sie.

Wie die Gnade die Natur voraussetzt und vollendet, so setzt der Glaube die Vernunft voraus und vollendet sie. Vom Glauben erleuchtet, wird diese von der Gebrechlichkeit und den aus dem Ungehorsam der Sünde herrührenden Grenzen befreit – das Grund - Motiv vieler oder aller Selektiv-Katholiken -  und findet die nötige Kraft, um sich zur Erkenntnis des Geheimnisses vom dreieinigen Gott zu erheben.

Der Doctor Angelicus hat, so nachdrücklich er auch den übernatürlichen Charakter des Glaubens unterstrich, den Wert seiner Vernunftgemäßheit nicht vergessen; ja, er vermochte in die Tiefe zu gehen und den Sinn dieser Vernunftgemäßheit näher zu erklären. Denn der Glaube ist eine Art »Denkübung«; die Vernunft nimmt sich durch ihre Zustimmung zu den Glaubensinhalten weder zurück noch erniedrigt sie sich; zu den Glaubensinhalten gelangt man in jedem Fall durch freie Entscheidung und das eigene Gewissen.

Du brauchst also keine Angst zu haben, dass der Glaube die Vernunft "vereinnahmt". Sie helfen sich gegenseitig so wie der Vogel zwei Flügel braucht, um fliegen zu können.

So langsam wird deutlich, dass man nicht einfach mit diesem oder jenem Argument gegen den Glauben anrennen kann. Erinnerst Du Dich an mein erklärtes Ziel? Ich will und kann Dich nicht "bekehren". Was ich will und können möchte ist Dir zeigen, dass es garnicht unvernünftig ist zu glauben. Aber zuerst müssen die Grund-Axiome geklärt werden. Das nächste Mal muss ich etwas vom Sündenfall der Philosophie erzählen.

Alles Gute

 

P.S. Was ist normal? Damit wir nach all den hohen oder tiefen Spekulationen auf dem Boden der Wirklichkeit bleiben, will ich uns ein Zitat aus dem Roman "Der Apfelsinenpfarrer" vor Augen halten. Ein Arzt erklärt dem Pfarrer folgendes: "Normal ist leichter Schwachsinn"


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