25. April 2005, 11:10

"Die Oberflächlichkeit gehört vom Thron gestürzt"

 










 
Dekan Erich Guntli ist enttäuscht über die oberflächlichen Berichterstattungen und Meldungen von Personen in der Schweiz und Europa rund um die Papstwahl von Benedikt XVI.

Buchs (www.kath.net) Nun ist er also inthronisiert, Papst Benedikt XVI., „der Deutsche“, „der Konservative“, „der Nachfolger des Grossinquisitors“, „die lange Hand des finstern Mittelalters“, „der Papa Ratzi“ und wie er sonst noch betitelt wurde. Der Nachfolger des Petrus, was übersetzt ‚der Fels’ bedeutet, scheint wirklich ein Stein des Anstosses zu sein. Laut einer Umfrage von ‚10 vor 10’ des Schweizer Fernsehens DRS vom 22. April findet die Hälfte der Schweizer Bevölkerung die Wahl von Joseph Kardinal Ratzinger zum Papst gar nicht gut. Da mag wohl noch anderes als Glaubensüberzeugung mitschwingen.

In einer Zeit, wo Information nur im Kurzfutter von Schlagzeilen vermittelt werden kann, bleibt manches auf der Strecke, was auch noch berücksichtigt werden müsste. „Der Deutsche“ wurde er genannt. Welche Gefühle sollen damit angesprochen werden? Erinnerungen an die deutsche Geschichte? Etwa Warnung vor einer Gefahr? Die Kirche nennt sich römisch–katholisch. Römisch deshalb, weil es innerhalb dieser Kirche noch 21 orientalisch–katholische gibt. Mit Nationalität hat das nichts zu tun. Das Wort ‚katholisch’ weist darauf hin, dass für die katholische Kirche, auch für ihr Oberhaupt, die Nationalität wirklich keine Rolle spielt.

Ein weiteres Schlagwort ist der Begriff „konservativ“. Dieser Begriff wird negativ eingefärbt. Als konservativ betitelt wird, wer aneckt, nicht mit der Masse der bestimmenden Meinungsmehrheit brüllt. Weshalb ‚konservativ’ als etwas Bedrohliches hingestellt wird, bleibt schleierhaft. ‚Konservativ’ bedeutet bewahren. Das Christentum wie auch das Judentum, ja, Religionen überhaupt, sind in sich konservativ. Die ganze Bibel ist ein konservatives Buch. Es will die Erinnerung bewahren, was Gott alles an Gutem seinem Volk getan hat. Der Kampf gegen die Erinnerung gehört zum bewährten Mittel Machthabender. Ein Blick in die Geschichte zeigt, wie Eroberer immer als erstes Spuren der Erinnerung auszulöschen versuchen, um die Identität eines Volkes zu brechen. Gerade das jüdische Volk ist ein Musterbeispiel dafür, wie die Bewahrung der Erinnerung geholfen hat, die Identität zu erhalten durch alle Schreckenszeiten hindurch.

Joseph Ratzinger war Präfekt der römischen Glaubenskongregation. Dass in jedem Betrieb die Qualitätssicherung hochgehalten und Controlling betrieben wird, gehört zum Standard moderner Ökonomie. In der Kirche jedoch soll es jedoch anders sein. Da wird eine Einrichtung, welche überprüft, ob eine Meinung der Grundlage der Bibel und der Überlieferung der kirchlichen Lehre entspricht, plötzlich in die Ecke eines Geheimdienstes gedrängt. Und, schwupp, wird mit der Wahl von Joseph Kardinal Ratzinger der alte Begriff des „Grossinquisitors“ hervorgezaubert. Auch da sei die Frage erlaubt: Welche Absicht steckt dahinter? Soll die Erinnerung an die Hexenprozesse wachgerufen werden? Die Glaubenskongregation als lebensbedrohende und lebensgefährliche Institution?

Zum Jubiläumsjahr 2000 legte Papst Johannes Paul II. ein Schuldbekenntnis ab zu den Verirrungen in der Kirchengeschichte. Dies wurde heruntergespielt. Jetzt aber wurde umso mehr ein verstaubtes Schreckgespenst heraufbeschworen, als ob die Kirche unfähig wäre, aus der Geschichte zu lernen. Und – forderten die modernen, aufgeklärten Ideologien nicht auch ihre Millionen von Opfern, angefangen von der französischen Revolution bis hin zu den Opfern des Nationalsozialismus und des Kommunismus?

Wenn vom „langen Arm des finstern Mittelalters“ gesprochen wird, dann zeugt dies schlichtweg von Unkenntnis. Da wird das aufklärerische Cliché nachgeplappert, was vor der Aufklärung, wäre geistige Finsternis gewesen. Die Aufklärung hob die Autonomie des Menschen hervor, die sich von nichts bevormunden lassen dürfe. Ob diese Autonomie nur zum Guten führte, können eigentlich nur die Opfer moderner Ideologien beurteilen, welche sich den menschlichen Autonomieansprüchen nicht unterwarfen.

Es gäbe eine lange Liste weiterer kritischen Begriffe, die hinterfragt werden könnten. So wird der römisch–katholischen Kirche immer wieder vorgeworfen, sie wäre hierarchisch statt demokratisch. Die Hierarchie wird als prinzipieller Makel dargestellt. Massstab kirchlichen Handelns und Denkens ist nun einmal nicht das Denken der breiten Mehrheit, sondern die Offenbarung Gottes, wie sie durch die Heilige Schrift gegeben ist.

Die Bibel aber ist kein Buch, welches die Zustimmung einer Mehrheit findet. Würde demokratisch darüber befunden werden, was Gültigkeit haben soll und was nicht, bliebe nicht mehr viel übrig vom Inhalt der Bibel. Nicht zuletzt dürfte ein Blick in die jüngste Geschichte zeigen, dass auch die Demokratie an ihre Grenzen kommt. Diktatoren jeder Couleur liessen sich demokratisch wählen. Demokratien wurden demokratisch abgeschafft, wie z.B. beim Reichsermächtigungsgesetz 1933 in Deutschland.

Mit grösster Selbstverständlichkeit wird immer wieder behauptet, die Kirche verbiete Empfängnisverhütung. So stimmt das nicht. Familienplanung ist geradezu gefordert, um den Kindern eine würdige Existenz zu ermöglichen. Abgelehnt werden Methoden der Empfängnisverhütung, welche die Verantwortung einseitig der Frau überlassen, wie zum Beispiel durch die Einnahme der Pille. Gefördert wird die natürliche Geburtenplanung, welche beide der Partner gleicherweise in Pflicht nimmt. Und wenn dann noch behauptet wird, die katholische Kirche wäre verantwortlich für die Bevölkerungsexplosion in der Welt, dann zeugt dies von Blindheit. Die grösste Geburtenraten finden sich weitgehend dort, wo der Einfluss der katholischen Kirche praktisch gleich Null ist.

Immer wieder wird von Kritikern die Autonomie und das Selbstbestimmungsrecht des Menschen eingefordert. Nimmt jedoch die Kirche in ihren Entscheidungen dieses Selbstbestimmungsrecht in Anspruch, wie zum Beispiel beim Nichterlauben der Priesterweihe der Frau oder der Zölibatsgesetzgebung, dann wird sie der Menschenrechtsverletzung bezichtigt.

Papst Benedikt XVI. ist eingesetzt. Die Medien wenden sich wieder andern Grossereignissen zu. Ruhe kehrt ein. Es ist zu hoffen und zu wünschen, dass sich in- und ausserhalb der römisch–katholischen Kirche die Aufmerksamkeit wieder auf das konzentriert, worauf der Papst in seiner Predigt vom 24. April hingewiesen hat: „Das eigentliche Regierungsprogramm aber ist, nicht meinen Willen zu tun, nicht meine Ideen durchzusetzen, sondern gemeinsam mit der ganzen Kirche auf Wort und Wille des Herrn zu lauschen und mich von ihm führen zu lassen, damit er selbst die Kirche führe in dieser Stunde unserer Geschichte.“

Dekan Erich Guntli, Pfarrer in Buchs,
St. Gallen

  









 

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