Was kostet der Himmel?

Konsumismus, ein schleichender Verderber christlicher Tugend: Ein Psychologe verrät, wie Christen dem Materialismus widerstehen können.

Uniontown (www.kath.net / zenit) Jesus Christus äußerte sich über kein Laster so scharf wie über die Habsucht. Aber trotz dieser Warnungen sind Christen immer noch unglaublich empfänglich für den Reiz eines materialistischen Lebensstiles, erklärt ein katholischer Psychologe. Dr. Ray Guarendi, Autor, Rundfunkmoderator und Vater von zehn Kindern, sprach mit ZENIT darüber, wie sehr Christen im Westen dem Konsumismus verfallen sind und welchen Schaden die Habsucht christlichen Ehen, Familien und den einzelnen Menschen zufügen kann.

 

Die Menschen in einer freien Gesellschaft sind überflutet von Wahlmöglichkeiten bei praktisch fast allen Aspekten des Lebens: Wohnung, Beruf, äußerer Erscheinung, Beziehungen, Besitz. Welches sind Ihrer Meinung nach die Hauptgebiete, in denen der Konsumismus das Verhalten der Christen beeinflusst – ohne dass es ihnen bewusst ist?

Guarendi: Der Konsumismus scheint mir die an erster Stelle stehende gemeinsame Sünde der Christen zu sein – es ist die Sünde, die die meisten von uns am meisten beeinflusst. Wir sind einfach so tief in ihr drin, dass wir es überhaupt nicht mehr merken. Unser Verlangen nach Besitz verdrängt alles. Wir werden von ihm abgelenkt, in Besitz genommen, angelockt und verführt. Wir denken einfach weniger an Gott und mehr an “ ihn” – er nimmt mehr von unseren wachen Stunden in Anspruch als Gott. Deswegen hat wohl unser Herr im Neuen Testament mehr von der Habsucht gesprochen als von irgendetwas anderem.

Ein Teil des Problems besteht darin, dass die amerikanische Kultur Konsumismus und Besitz als wesentlichen Bestandteil des normalen Lebens ansieht. Es ist halt so; so kommt man durch. Das kann doch nicht schlecht sein! Aber es geht an den Kern dessen, wer wir sind. Konsumismus hat mit dem Selbst zu tun – mit Selbstbezogenheit, Selbstverwirklichung, Selbstzufriedenheit, egoistischen Wünschen.

Praktisch jeder lebt so, dass er an die Grenze dessen geht, was er sich leisten kann oder sogar darüber hinaus. Da bleibt kein Spielraum, etwas von dem Geld abzugeben, etwas von der Zeit abzugeben und einfach etwas übrig zu haben. Wenn Missionare in die Gemeinden kommen und eine zusätzliche Kollekte gehalten wird, ist die Zahl der Dollarscheine kläglich. Die Katholiken sind die reichste religiöse Gruppe im Land, und wir geben am wenigsten.

Leider merken wir es nicht, wie Fische, die das Wasser um sich nicht spüren. Wir müssen uns darum bemühen, den Konsumismus bei uns zu erkennen und versuchen, ihm in unserer Gesellschaft zu widerstehen. Wenn Kinder irgendwohin kommen – in ein Geschäft, in Restaurants, zu Partys, in andere Häuser, sogar Kirchen, – bekommen sie Preise. Bei jedem Atemholen bekommen wir etwas; es wird zum Bestandteil unseres Lebensstils. Wir müssen bewusst und willentlich darum kämpfen, zu erkennen, dass dies geschieht.

Wenn wir der Kirche die Geldbeträge geben würden, die wir zum auswärts Essengehen und Einkaufen ausgeben – oder das, was wir auf Raten bezahlen für Dinge, die wir nicht wirklich brauchen – könnte die Kirche so viel mehr Menschen helfen. In unserer Kultur gilt Konsument zu sein als das gute Leben – aber es lenkt uns von dem eine Ewigkeit lang währenden guten Leben ab. Adam und Eva hatten alles, bis auf einen Baum. Und natürlich, genau den wollten sie am meisten.

Wo der Konsumismus nunmehr so zunimmt, welches sind die Auswirkungen dieses Phänomens auf die christlichen Ehen, Familien und Kinder, die Sie (als Psychotherapeut) erfahren?

Guarendi: Das Erste, was ich als Therapeut mit einem Kind mache, das ein Verhaltensproblem hat: Ich bitte die Eltern, sich neu einen Überblick zu verschaffen, was für Spielzeug und was für Freizeitbeschäftigungen es hat und was es alles darf. Die Kinder schwimmen in Spielzeug und Freizeitbeschäftigungen, und das wirkt sich auf ihr Verhalten aus. Einer der drei Hauptstressfaktoren in den Ehen und Familien sind die Finanzen. Wir sind die reichste Zivilisation, die die Welt jemals gesehen hat, aber unsere Unzufriedenheit über unserer Finanzen, unsere Wohnungen und unsere Möglichkeiten, Dinge zu kaufen, ist himmelhoch.

Und weil unser Verlangen nach Besitz so groß ist, müssen wir arbeiten. Das bedeutet, dass Papa und manchmal Mama den ganzen Tag von zu Hause fort sind, damit sie und ihre Kinder alles haben können, was sie wollen. Dies führt zu dem, was ich das “Kompensationssystem arbeitender Eltern” (“working parent compensation system”) nenne. Die Mütter wollen oft gar nicht arbeiten, sie denken aber, dass sie arbeiten müssen, wegen der in der Familie herrschenden Gewohnheit, Geld auszugeben. Sie sind müde, wenn sie nach Hause kommen, sie fühlen sich schuldig, weil sie nicht genug Zeit mit ihren Kindern verbringen, und sie scheuen sich, diese kurze Zeit damit zu verbringen, ihre Kinder zu bestrafen, wenn sie sich schlecht benehmen.

Das beeinträchtigt ihre Erziehungsvorsätze und hält sie davon ab, wirklich Eltern zu sein. Wenn Eltern lange arbeiten oder Überstunden machen, können sie ihre Kinder nicht beaufsichtigen; ihre Kinder sind was die Erziehung angeht, auf sich selbst gestellt. Die Ehemänner gehen ihren Hobbys häufig mehr nach als Ehefrauen es tun, weil ihnen gesagt wird,sie müssten sie unbedingt haben, um ein rechter Mann zu sein und das Leben zu genießen. Aus Oberflächlichkeit wollen Männer die neuesten, besten Sachen haben, und manchmal schließt das Ehefrauen ein. Sie denken, „meine Frau wird älter; es gibt bestimmt noch ein besseres, neueres Modell.“

Wenn man daran gewöhnt wird, Sachen haben zu wollen, machen die Ansprüche nicht bei unbelebten Objekten Halt. Man will andere Menschen haben, andere Beziehungen, die einem als etwas Besseres erscheinen als die jetzigen. Wenn man mit dem unzufrieden ist, was man hat, hört es nicht bei Konsumgütern auf. Eine solche Haltung führt oft zu Affären und zu einem allgemein von Unzufriedenheit geprägten Verhaltensmuster. Unzufriedenheit hängt nicht mit dem zusammen, was wir haben sondern mit dem Abstand zwischen dem, was wir haben und dem, was wir haben wollen.

Erhöhter Wohlstand während der letzten Jahrzehnte hat zur Freiheit der Wahl beigetragen, indem man den Menschen die Möglichkeit gab, sich bei ihrem Handeln nach ihren verschiedenen Zielen und Wünschen zu richten. Wie hat sich dies auf die Fähigkeit eines Christen ausgewirkt, sich zu einer lebenslangen Berufung, speziell zum Ordensleben und dem Priestertum, zu verpflichten?

Guarendi: Die Kluft zwischen dem, was Ordensleute als ihren Lebensstil annehmen, und dem herrschenden Lebensstil ist groß und ist in den letzten wenigen Generationen noch breiter geworden. In Afrika steigt die Zahl der Berufungen teilweise sprunghaft an, offenbar, weil das Leben als Priester oder Ordensmann in Afrika verglichen mit dem Leben anderer in diesem Kulturkreis mit höherer Bildung verbunden ist und Attraktivität besitzt.

Im Westen gilt ein Leben als Priester oder Ordensmann im Vergleich zur übrigen Gesellschaft als nicht besonders “lohnend”. Die Kluft ist riesig, daher bedeutet die verpflichtende Entscheidung dazu mehr und fordert mehr Hingabe. Wenn jemand sich zum Priestertum oder Ordensleben verpflichtet, so muss er sich zu dieser Hingabe täglich anspornen, weil er oder sie täglich an das erinnert wird, was er aufgibt.

Kinder besitzen heutzutage eine Menge Sachen. Für sie muss es ganz schön hart sein, dem Ruf zum Priestertum oder Ordensleben zu folgen. Sie müssen einem großen Teil des “guten Lebens” den Rücken kehren, um sich allein Christus hinzugeben. Wir leben in einer Kultur, in der unsere Aufmerksamkeitsspanne kurz ist. Wir definieren das Gutsein des Lebens nach seiner Veränderbarkeit, seiner Fortschrittlichkeit und Wandelbarkeit.

Sich auf etwas auf Lebenszeit festzulegen, wie zum Beispiel auf die Ehe, kann einem psychologisch so vorkommen, als müsse man dabei ersticken. Wir können uns nicht auf ein Ding festlegen. Auf Tradition, Hingabe und Beständigkeit wird herabgesehen. Es ist uns gelungen, genau die Dinge psychologisch als gut zu würdigen, die unsere Kultur zerstören können.

Wie können Christen abschätzen, wie viel Konsumismus ihr Leben beeinflusst? Was für Fragen können sich die Menschen und vor allem Eltern stellen, um festzustellen, wie weit er bei ihnen eingedrungen ist?

Guarendi: Ich will einige Dinge nennen, die man sich fragen kann. Wenn ich darum gebeten werde, für die Arbeit für die Kirche zu spenden, kann ich es tun? Oder sage ich, ich würde es liebend gerne tun, aber ich kann es mir finanziell nicht leisten? Das wäre ein Zeichen dafür, dass unser Lebensstil an die Grenzen unserer finanziellen Mittel stößt oder sie sogar überschreitet.

Wie viele Dinge brauche ich? Die Menschen meinen oft, dass sie der Kirche nicht spenden können, weil sie so viel kaufen müssen, weil sie zu viele Zahlungsverpflichtungen haben. Sie haben nichts zum Spenden übrig.

Wie viel Spielraum habe ich in meinem Leben? Habe ich freie Zeit? Habe ich Geld übrig? Energie übrig? Bin ich zu beschäftigt, um irgendetwas für irgendjemanden zu tun? Überprüfen Sie Ihre Beschäftigungen und schauen Sie, wie viel davon nötig ist.

Sie müssen schauen, was Ihre Zeit in Anspruch nimmt und ob Sie es rechtfertigen können. Auch wenn Sie sich Dinge leisten können, müssen Sie sie nicht haben. Überprüfen Sie, wie viel Sorgfalt Sie auf Besitz verwenden, besonders auf Ihre Steckenpferde und großen Besitztümer. Fragen Sie sich: Vernachlässige ich andere, um mich stattdessen um all meine Sachen zu kümmern? Welche Zeit wende ich auf für meine Kinder und meine Familie?

Falls Sie ein großes Haus besitzen: auch wenn Sie es bezahlen können, es zu erhalten frisst eine Menge Ihrer Zeit. Gott wird nicht fragen, wie groß Ihr Haus war. Er wird Sie fragen, wie viel Zeit Sie mit Ihrer Familie verbracht haben.

Wie viel Sachen haben meine Kinder? Kinder brauchen ungefähr fünf Spielsachen, wenn’s hochkommt. Sie können zeichnen, lesen und Dinge erfinden. Ich benutze als Faustregel: 90 Prozent von dem, was Kinder haben, sollten Sie weg geben. Es erspart Ihnen Enttäuschungen mit den Kindern, und diese sind dankbarer und benehmen sich besser. Geben Sie es weg! Ich sage nicht, leben Sie wie der hl. Franziskus; gehen Sie nur herunter auf ein gesundes Maß. Beeinträchtigt mein Besitz meine Fähigkeit, zu helfen und Beziehungen zu Menschen zu haben? Je mehr Sie besitzen, desto mehr werden Sie davon in Besitz genommen.

Wie können Christen auf den Konsumismus reagieren und ihn bekämpfen?

Guarendi: Ganz einfach: Geben sie die Sachen weg, beziehungsweise kaufen Sie sie nicht. Gehen Sie durch Ihr Haus; zählen Sie alle Dinge, die da herumstehen, liegen oder hängen. Sie dienen keinem anderen Zweck als unser Leben zu verschönern. Überprüfen Sie, wie Sie Ihr Geld ausgeben. Wenn jemand leidet und Ihre Hilfe braucht, geben Sie nur fünf Dollar, um ihm zu helfen? Warum geben Sie ihm nicht mehr?

Die meisten Christen sehen das Geben des Zehnten als das Standardmaß für Großzügigkeit an. Der Zehnte im Alten Testament ist ein kleiner Prozentsatz. Im Neuen Testament lautet die Forderung, einem anderen seinen zweiten Mantel zu geben – das sind 50 Prozent, von dem, was man hat. Konsumismus dient nicht einem rechtschaffenen Leben. Er ist ein schleichender Verderber christlicher Tugend. Er wirkt sich zerstörerisch auf den Weg eines Christen mit dem Herrn aus, weil er einhergeht mit der Beschäftigung mit sich selbst.

Der Konsumismus ist eine Fortsetzung des in sich selbst Aufgehens – das Leben besteht darin, etwas zu bekommen, nicht zu geben. Der Materialismus ist dem christlichen Lebensstil und der Hingabe unsrer selbst, unseres Besitzes und unseres Lebens diametral entgegen gesetzt. Wir müssen auf uns, unsere Häuser und unseren Lebensstil mit einem objektiven Blick schauen. Schauen Sie darauf, was Ihnen hilft, in den Himmel zu kommen und was Sie davon abhält, mit Gott zu gehen.

  









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